Qualität ist nicht gleich Qualität und bio ist nicht gleich bio

Wir sind zum 31.12.2023 aus dem Demeter-Verband ausgetreten. Die dargestellten Sachverhalte sind aber nach wie vor zutreffend. 

Wenn verschiedene Menschen den Begriff „Qualität“ nennen, dann verwenden sie zwar das gleiche Wort, tief im Inneren haben sie jedoch ganz unterschiedliche Vorstellungen und Bilder vor Augen.

Daher ist es mir an dieser Stelle sehr wichtig, die unterschiedlichen Qualitäten im Kräuteranbau zu erklären. Dann wird auch deutlich, dass wir in der Gärtnerei Lichtenborner Kräuter eine ganz andere Qualität und zwar im wahrsten Sinne des Wortes eine wesensgemäße Qualität hervorbringen.

Selbst innerhalb des Demeterverbandes gibt es verschiedene Strömungen. Die einen setzen auf echte robuste Qualität, so wie es von Anfang an beim Verband angestrebt war. Andere Betriebe setzen mittlerweile immer mehr auf Masse, und auch bei Demeter soll es mittlerweile billig sein bzw. billiger werden. Dies ist spätestens erkennbar, seitdem der Demeterverband mit Supermarktketten und Konzernen zusammenarbeitet. 

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Foto 1Foto 2

Entsprechend gibt es eine sehr große Bandbreite an Qualitäten, was durch die beiden Fotos oben deutlich wird! Foto 1 zeigt eine wesensgemäß kultivierte Thymianpflanze der Gärtnerei Lichtenborner Kräuter, wie sie auch in unserem Online-Kräutershop angeboten wird. 

Auf dem Foto 2 können Sie eine Demeter-TREIBHAUS-Pflanze sehen. Auch so kann ein Thymian aussehen – und beide Anzuchtweisen sind mit den Richtlinien des Demeterverbandes konform! 

Unsere Qualität – wesensgemäße Pflanzenkultivierung

Im Demeterverband wird oft von dem Begriff „wesensgemäß“ gesprochen. Wesensgemäß ist ein viel weitergehender Begriff, mit dem auch der Unterschied zur sogenannten artgerechten Tierhaltung oder Pflanzen“produktion“ deutlichgemacht und hervorgehoben werden soll. 

Der erste Schritt einer wesensgemäßen Kultivierung von Pflanzen beginnt damit, dass wir innehalten und versuchen, zunächst eine gute Verbindung zu der Pflanze als solcher aufzubauen.

Schon die Unterschiedlichkeiten der Blattformen geben uns viel Auskunft, woher eine Pflanze ursprünglicherweise stammt, was sie benötigt und was ihr tiefes Wesen ist. An Thymian, Rosmarin und Lavendel können wir z.B. kleine Blättchen oder Nadeln erkennen, die ein Hinweis darauf sind, dass sie aus heiß-trockenen Gebieten der Erde stammen, in diesem Fall aus dem Mittelmeergebiet. Da es dort sehr heiß ist, stellen diese kleineren Blattformen Schutzmechanismen vor dem Austrocknen dar. Andere Kräuter, wie Salbei und der Griechische Bergtee weisen zwar verhältnismäßig „große“ Blätter auf, bei genauem Hinschauen sind jedoch die vielen feinen Härchen zu erkennen. Auch dieser Mechanismus ist ein Transpirationsschutz.

Beim Basilikum hingegen sind die Blätter eher relativ groß und dünnwandig. Die meisten Menschen meinen fälschlicherweise, dass Basilikum aus Italien stamme, nur weil es „Genoveser“ genannt wird. Der Ursprung von Basilikum liegt jedoch in den Tropen wie z.B. Indien. Die große Blattform verrät nämlich, dass diese Pflanze sich viel Wasser leisten kann und daher benötigt sie keinen Transpirationsschutz. Vollständigkeitshalber sei hier erwähnt, dass das Genoveser Basilikum aus dem Schattenbereich der Tropen aus Indien kommt. Mehr ...

Die Pflanzen verraten uns aber noch viel mehr über sich und über ihr eigentliches Wesen, wenn wir ihnen genau lauschen und sie genau beobachten. Es lohnt sich, dies zu tun, und wir werden reichlich beschenkt und können die einzelnen Pflanzen verstehen lernen.

Robuste Vermehrung und Kultivierung

Die konkrete Pflanzenkultivierung beginnt bei uns in der Kräuter-Gärtnerei damit, dass wir stets samenfeste Sorten haben, die also nachbaufähig sind und die auch entsprechend robust und an die hiesigen Verhältnisse angepasst sind. Nachbaufähig bedeutet, dass sie sich so vermehren können wie es in der Natur schon immer geschieht, also auf ganz natürlichem Wege. Wir machen uns somit nicht abhängig von dem Hybridsaatgut der Saatgutkonzernen, die nicht nachbaufähig sind und somit immer wieder neu gekauft werden müssen. Mehr ...

Unsere Stecklinge kultivieren wir so, dass sie erst nach mehreren Monaten bis zu einem Jahr getopft werden, und zwar erst dann, wenn sie kräftige Wurzeln entwickelt haben. Und selbst diese Stecklinge sind dann schon sehr stark verholzt. Die Pflanzen dürfen bei uns noch Zeit haben und langsam wachsen.

Sobald die Sämlinge eine Größe von ca. 4-5cm aufweisen, werden die Temperaturen im Gewächshaus stark herabgesetzt. Die Pflanzen wachsen dann zwar viel langsamer, werden aber von vornherein abgehärtet und ihr Verholzungsgewebe – das sogenannte Sklerenchym – kann sich gut ausbilden, so dass unsere Pflanzenkinder auch schon ab Mitte bis Ende März ins Freiland gestellt werden. Hier sei ausdrücklich erwähnt, dass dies auch dann geschieht, wenn noch Winter herrscht mit bis zu -5°C und Schnee. Die so abgehärteten Kräuter-Pflanzen vertragen diese Verhältnisse ohne Probleme.

Unsere (Neu-)KundInnen müssen sich manchmal erst daran gewöhnen, dass die Pflanzen bei uns oft kleiner sind als die hochgetriebenen Treibhauspflanzen. Letztere sollen ja schließlich immer wieder neu gekauft werden, was bei uns kein primäres Ziel ist.

Unser Ziel – Glückliche Pflanzen und Menschen

Unser Ziel ist es, die Pflanzen wesensgemäß anzuziehen und den KundInnen Duftpflanzen und Kräuter mit höchster (biodynamischer) Qualität anzubieten, die lange in ihren Gärten leben können. Hierdurch wird deutlich, dass es uns weniger um Geld geht, als vielmehr darum, dass Menschen, Tiere und Pflanzen glücklich sind! Und dass wir so weit wie möglich im Einklang mit der Natur leben und arbeiten.

 „Tütchenkräuter“ aus der Massenproduktion – wesensgemäß?

An dieser Stelle möchte ich auch noch auf andere Qualitäten mit anderen Produktionsweisen eingehen, damit Sie als KundIn auch die deutlichen Unterschiede erkennen und dementsprechend Ihre (Kauf-)Entscheidungen mit Bewusstheit treffen können.

Wenn Sie die Praxis der wesensgemäße Pflanzenkultivierung nun schon ein wenig verinnerlicht haben, fragen Sie sich bestimmt, wie mit einer Pflanze wie auf Foto 2 umgegangen worden ist. Wir Kräutergärtner sprechen bei solchen Kräutern von „TÜTCHEN“-Kräutern. Diese stammen aus einer Massenproduktion. Der Betrieb, von dem diese Pflanze stammt, zieht auf einer Fläche von ca. 4ha in seinen TREIBHÄUSERN Kräuter an und ist seit sehr langer Zeit Demeter-zertifiziert. Leider ist eine solche Produktionsweise wirklich mit den Demeter-Richtlinien konform. Dazu muss man wissen, dass es bisher nämlich gar keine eigenen Demeter-Richtlinien für den Anbau von Kräutern gibt! 

Eine solche Produktionsweise von „Tütchenkräutern“ – übrigens egal ob Demeter, bio oder konventionell - ist i.d.R. wie folgt:

Jungpflanzen werden mit viel Wärme und Feuchtigkeit ganzjährig angezogen. Auch nachts ist das Treibhaus stark beheizt. Die Temperaturen liegen zwischen 15 und 25°C. Bei vielen Pflanzen wird kräftig gedüngt bzw. überdüngt. Hinzu kommt dann noch, dass viele Pflanzen vor allem während des Winterhalbjahres mit einem speziellen Licht künstlich beleuchtet werden. All dies können Sie wunderbar an der Pflanze auf Foto 2 erkennen. Im Unterschied zu dem Thymian auf Foto 1 weist die Pflanze auf Foto 2 helle grüne und für einen Thymian zu große, dünne Blätter auf. Zudem hat sie dünne helle Stengel und somit noch kein stabilisierendes Verholzungsgewebe. Daher kann dieser Thymian nicht mehr aus eigener Kraft aufrecht stehen und hängt herunter. Nicht einmal die Plastiktüte um die Pflanze herum kann ihr noch Halt geben.
Solche Kräuter sind oft nur 4-6 Wochen alt, wenn sie in den Verkauf kommen.

Der Weg vom Treibhaus ins Kühlhaus zu den KundInnen

Dann werden solche Pflanzen mit einer Plastiktüte umgeben, in einen dunklen Karton verpackt und auf Paletten im LKW zum Großhandel transportiert. Der Großhändler zählt Kräuter zu der Rubrik „Gemüse“ und stellt die Pflanzen daher mit in das Kühlhaus bei 6°C, in dem auch das Gemüse steht.

Feuchte Kühle statt trockener Wärme, fehlendes Tageslicht für die notwendige Photosynthese und die Plastiktüte um die Pflanzen herum führen dazu, dass die Pflanzen bereits im Kühlhaus beginnen zu verpilzen. Im Einzelhandel werden die Pflanzen vom Personal dann oft noch zu viel gegossen, da jeder Mensch gelernt hat, dass Pflanzen Wasser benötigen. 

Wenn die Plastiktüte entfernt wird - der so ziemlich letzte Halt, den die Pflanze überhaupt noch hat – hängt die Pflanze herunter oder fällt gleich zusammen. Dann wird auch oft deutlich, dass die Pflanze an den unteren Stengelteilen schon verpilzt ist und bald absterben wird.

Solche „Tütchenkräuter“ sind eher als lebende Kräuterbunde zu betrachten. Robuste und wesensgemäß angezogene Demeter-Qualität ist dies jedenfalls nicht und ist Irreführung der KundInnen. In der Logik eines Wirtschaftssystems, das auf ewiges monetäres Wachstum setzt, ist dies allerdings folgerichtig, damit die Kunden wieder neue Pflanzen kaufen können…

Solche „Tütchenkräuter“ stellen die unterste Stufe der Qualität dar. Wesensgemäße und liebevoll angezogene Kräuterpflanzen, so wie wir sie heranwachsen lassen und pflegen, sind natürlich eine komplett andere, nämlich die höchste Qualität.

Unterschiedliche Qualitäten haben ihren jeweiligen Preis

Die unterschiedlichen Herangehensweisen („Produktionsweisen“) drücken sich nicht nur in der Qualität, sondern auch im Preis aus.

Töpfe mit Kräuterpflanzen in der Größe, wie sie auf den beiden Fotos zu sehen sind, haben i.d.R. einen Preis zwischen 5,20 € (Foto 1) und 3,20 € (Foto 2), manchmal auch nur 1,79 €.

Für eine Preisgestaltung mit entsprechender Qualität ist für uns die WERTSCHÄTZUNGSKETTE von größter Bedeutung, d.h. jeder Betrieb und jeder Mensch, der an dem Herstellungsprozess beteiligt ist, soll den Preis erhalten, den er benötigt um all seine Kosten, die er hat, decken zu können und es sollen auch alle sogenannten externen Kosten wie Umweltschutz, Klimaschutz, Nachhaltigkeit etc. mit einfließen. Denn nur so können wir tatsächlich nachhaltig und im Einklang mit der Natur und der Erde leben und verantwortungsvoll den folgenden Generationen gute Lebensgrundlagen hinterlassen...

Zu dem Thema Preise und Wertschätzungskette wird es demnächst einen eigenen Artikel geben.

Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und offene Sinne für die Kräuterpflanzen und für die Wunder dieser kostbaren Erde, die uns alles zu jeder Zeit gibt.


Herzlichst,
Michael Brodda